Rede im Deutschen Bundestag am 31.01.2024 : Auswärtiges Amt

Rede im Deutschen Bundestag vom 31.01.2024

Boris Mijatović (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Michael Brand, Sie haben der Außenministerin nicht zugehört. Ich lasse Ihnen nachher gern das Protokoll und die Rede noch mal abgetippt zukommen. An Ihrer Rede stimmte so gut wie gar nichts. Wir haben im Augenblick keine Struktur, wie wir die Hilfe in Gaza belastbar leisten können. Das ist ein Fakt, dem auch Sie sich stellen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich beginne meine Rede mit einem Zitat, das Sie alle kennen werden: „Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit“. Und Kriege haben wir aktuell wahrlich viel zu viele: die russische Aggression in der Ukraine, Hamasterroristen in Gaza, der Einsatz Israels, brutale Gewalt im Sudan, in Myanmar, im Jemen usw. Was auch immer Wahrheit in dieser Zeit bedeutet, meine Damen und Herren, eine Erkenntnis besteht ungebrochen: Die meisten Opfer des Krieges sind Unschuldige.

Zu diesen menschengemachten Kriegen kommen die Folgen der Klimakrise: Dürre, Hitze, Flutkatastrophen usw. Gerade Länder im Globalen Süden sind davon besonders betroffen. Schwache staatliche Strukturen erschweren den Umgang mit solchen Katastrophen. Das Internationale Rote Kreuz hat uns schon im letzten Jahr berichtet, dass von 25 Einsatzorten bereits 16 einen Klimabezug haben.

Ich bin daher sehr, sehr froh, dass wir es in diesem Haushalt geschafft haben, die humanitäre Hilfe deutlich über 2 Milliarden Euro anzusetzen. Wir machen damit eine Zusage, dass wir hinschauen, wenn Menschen in Not sind, dass wir hinschauen, wenn Naturkatastrophen Ernten vernichten oder Häuser wegspülen. Mit diesem Geld zeigen wir unser Bestreben, dass wir in einer Welt leben wollen, die sich hilft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Mike Moncsek [AfD]: Schauen Sie doch mal nach Deutschland!)

Zu Recht setzen wir auf vorausschauende Arbeit in der humanitären Hilfe. Jeder Euro, den wir in Vorbereitung investieren, spart im Katastrophenfall 7 bis 8 Euro. Es ist eben teurer und nicht nachhaltig, erst zu reagieren, wenn die Notlage eingetreten ist. Es ist gut, dass wir die humanitäre Hilfe zukunftsweisend aufstellen – und dies nicht nur vorausschauend, sondern auch lokal. Lokale Akteure kennen die Kontexte und Bedarfe vor Ort am besten. Viele unserer Nichtregierungsorganisationen stehen in der Zusammenarbeit oft vor bürokratischen Herausforderungen. Daher bin ich froh, dass wir das Thema Zuwendungsrecht – der Kollege Fricke hat es angesprochen – in diesem Haushalt aufgegriffen haben.

Heutige Einsatzgebiete, in denen humanitäre Hilfe geleistet wird, verlangen aber auch zusätzliche Aufmerksamkeit für die Sicherheit von Hilfsorganisationen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Immer mehr setzen autoritäre Regime das Leid der Menschen ein, um uns schäbig zu erpressen. Die humanitäre Katastrophe in Gaza zeigt das überdeutlich. Eine mögliche Hungersnot von circa 1,5 Millionen Menschen ist der Hamas völlig gleichgültig. Das muss uns aufrütteln.

Verbrecher, meine Damen und Herren, gehören vor Gerichte gestellt. Deswegen bin ich froh, dass wir uns weiter am Internationalen Strafgerichtshof beteiligen und dass wir seine Finanzierung verlässlich sicherstellen. Die Chance, dass wir Verbrecher im Präsidentenamt vor Gericht stellen, bleibt gewahrt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Aufgaben sind also bekannt. Im Ausschuss wurde uns über die Entwicklung regelmäßig berichtet. Auch dafür vielen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien! Wir müssen die humanitäre Hilfe jetzt in einen strategischen Rahmen packen; denn die Zahl der Krisen steigt stetig. Das gibt auch den vielen Hilfsorganisationen eine bessere Orientierung. Dafür haben Sie, Frau Ministerin, unsere volle Unterstützung.

Ich möchte zum Abschluss noch mal betonen, wie wichtig es ist, dass wir Mittel von über 2 Milliarden Euro dafür bereitstellen. Viele Millionen Menschen stehen vor der Frage, ob ihre Heimat heute noch sicher ist oder ob sie sich auf eine lebensgefährliche Flucht begeben sollten – innerhalb ihres Heimatlandes oder über Grenzen hinweg. Es kann uns nicht egal sein, wenn im Sudan 6 bis 7 Millionen Menschen auf der Flucht vor brutaler Gewalt und existenziellen Gefahren sind.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Humanitäre Hilfe ist kein Nice-to-have, sondern eine essenzielle Säule für mehr Stabilität und Sicherheit. Meine Damen und Herren, ich möchte gern Marcel Reif von heute Morgen zitieren: „Sei ein Mensch!“

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Quelle: Bundestag Mediatek / Verschriftlichte Bundestagsrede: Auswärtiges Amt