Rede im Deutschen Bundestag am 01.03.2023 : Sondertribunal russischer Angriffskrieg

Meine Rede im Deutschen Bundestag am 01.03.2023 / Quelle : Bundestag.de

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gleich zu Beginn meiner Rede eines unmissverständlich klarstellen: Das Verbrechen der Aggression muss von der internationalen Gemeinschaft geahndet werden! Hunderttausende Tote, Millionen vertriebene Menschen – wir schulden es der Ukraine, wir schulden es der Gerechtigkeit, dass diese Verbrechen aufgearbeitet werden. Das Verbrechen der Aggression gehört ebenfalls vor Gericht!

Im Alleingang ist diese Aufgabe aber nicht zu schaffen, weder in diesem Haus noch im Kontext der internationalen Politik. Sie brauchen Mehrheiten, Sie müssen sich um Mehrheiten kümmern. Was es heißt, Mehrheiten zu organisieren, Mehrheiten zu überzeugen, Mehrheiten zu gewinnen, konnten Sie am Samstag zum Beispiel in der „Süddeutschen Zeitung“ nachlesen. Unsere Außenministerin Annalena Baerbock und ihr Team leisten Erstaunliches, um Mehrheiten in der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu ermöglichen. Erneut haben – und das ist ein Signal, dessen Wirkung nicht unterschätzt werden kann – 141 Staaten den Angriffskrieg der Russischen Föderation verurteilt. Das ist ein wichtiger Erfolg, der durch persönlichen Einsatz, aber auch durch kluge diplomatische Arbeit errungen wurde. Vielen Dank allen Beteiligten an der Stelle – liebe Katja Keul, bitte tragt es ins Amt! –, dieses Signal war goldrichtig,

auch für diese Vorlage der CDU/CSU.

In ihrer Rede vor der Haager Akademie hat unsere Außenministerin Baerbock zwei wichtige Grundsteine der internationalen Debatte fortgeschrieben: Ja, wir wollen die Strafrechtslücke beim Verbrechen der Aggression im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs schließen. Dies ist bereits eine immense Herausforderung, wenn man die bislang übersichtliche Zahl an Ratifizierungen bedenkt. Außenministerin Baerbock skizziert dieses Vorhaben, das ambitioniert erscheint. Aber es ist notwendig, um das Römische Statut und die Anerkennung der Arbeit des ICC voranzubringen. Es ist ein großes Vorhaben, das enorme Signalwirkung hat. Vielen, vielen Dank dafür!

Im zweiten Teil ihrer Rede hat Außenministerin Baerbock klargemacht, dass die Frage des Ob – ob es ein Tribunal gibt – mehr oder weniger beantwortet ist. Aktuell wird im internationalen Kontext die Frage, wie wir das machen, diskutiert, und hier gilt es, in einer sachlichen Debatte fachliche Argumente zu bringen. Wir haben das in der Anhörung im Auswärtigen Ausschuss ja gehört; dort haben uns Expertinnen und Experten gesagt, welche Herausforderungen mit diesem Vorhaben verbunden sind.

An dieser Stelle möchte ich auf einen entscheidenden Punkt hinweisen: Die von Außenministerin Baerbock vorgelegte zweigleisige Strategie eines Sondertribunals auf der einen Seite und einer Reform des Römischen Statuts auf der anderen Seite ist äußerst vielversprechend, um die Staaten des afrikanischen Kontinents und die Staaten Südamerikas ebenfalls mitzunehmen. Der renommierte und sehr geschätzte Völkerrechtsexperte Professor Claus Kreß stellt dazu heraus – ich zitiere –, die zweigleisige Strategie würde eine echte Auseinandersetzung mit dem Globalen Süden über die Zukunft im Kampf gegen das Aggressionsverbrechen ermöglichen. – Gerade die eingangs erwähnte Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen hat das noch einmal deutlich gemacht: Wir brauchen den Globalen Süden für die Vorhaben zur Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts. Deswegen sollten wir uns diesem Ansatz widmen.

Ich komme zum Schluss. Im Alleingang, liebe CDU/CSU, ist das nicht zu machen. Ich biete Ihnen an: Lassen Sie uns interfraktionell an dieser Idee arbeiten,

lassen Sie uns gemeinsam fachlich schauen, wie wir im internationalen Kontext für die Gerechtigkeit werben können. Da hat die Bundesrepublik Deutschland einen starken Ruf, den setzt unsere Bundesaußenministerin fort, und daran würde ich gerne mit Ihnen weiterarbeiten.

Vielen Dank.

https://dbtg.tv/cvid/7551216