DIENSTREISE NACH NORDMAZEDONIEN UND KOSOVO

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Besuch in Kosovo

Als Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union und als Berichterstatter für die Länder des westlichen Balkans war ich gemeinsam mit meinem Ausschusskollegen Christian Petry (SPD) am 5. und 6. Februar 2022 auf Dienstreise in Skopje (Nordmazedonien) und Pristina (Kosovo). Beide Länder haben große Anstrengungen unternommen, um der EU näherzukommen.

So hat Nordmazedonien zahlreiche strenge Vorgaben der EU (sogenannte Acquis) erfüllt und bereitet sich auf eine Beitrittskonferenz vor.

In Kosovo stellt Premierminister Albin Kurti von der Bürgerbewegung Levizja Vetevendosje das Land ebenso auf einen europäischen Kurs ein und ersucht die Visa Liberalisierung für den Schengen-Raum.


Nordmazedonien

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Artan Grubi (Vize Premier Nordmazedonien), Christian Petry (SPD), Boris Mijatovic (B90/Die GRÜNEN), Rene Schlee (Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung)

Unsere Reise beginnt in Nordmazedonien. In Skopje trafen wir am Samstag die Repräsentanten der neuen Regierung, die gerade erst Mitte Januar durch das Parlament neu besetzt wurde. Mit Vize-Premier Artan Grudi sprachen wir zunächst über die aktuellen Herausforderungen der Energie-Preisentwicklung für die Region. Neben Corona ist dies eine zentrale Herausforderung. Die stark angestiegenen Energiepreise treffen die Region direkt. Die Regierung unternimmt große Anstrengungen, um diese Situation zu begrenzen. Import von Gas und Strom haben zu erheblicher Verteuerung der Lebenshaltungskosten geführt, die der Staat derzeit noch versucht durch Subventionen abzumildern. Zugleich muss das Energiesystem umgebaut werden, und natürlich denkt man da auch an erneuerbare statt fossiler Quellen.

Beitrittsverhandlungen

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Boris Mijatovic (B90/Die Grünen), Christian Petry (SPD), Bojan Maricikj (Minister für Europa), Dimitar Kovacevski (Ministerpräsident Nordmazedonien), Rene Schlee (Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung)

Mit Premierminister Dimitar Kovacevski und Bojan Maricikj, Minister für die Beziehungen zur Europäischen Union, sprachen wir im Anschluss über die aktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Premierminister Kovacevski hob hervor, dass er es sehr begrüßen würde, sollte die EU ihre Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien noch in diesem Jahr beginnen. Für die Bevölkerung wäre dies ein äußerst positives Signal, dass es im Prozess voranginge und die Perspektive zur EU weiterhin bestehe.

Nachbarland Bulgarien

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Rene Schlee (Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung), Boris Mijatovic (B90/Die GRÜNEN), Artan Grubi (Vize Premier Nordmazedonien), Christian Petry (SPD)

Der Austausch mit Nachbarland Bulgarien sei in vollem Gange und die Beitrittsverhandlungen sollten aufgrund unterschiedlicher Auffassungen zu Fragen der Geschichte, der Sprache sowie des Umgangs Nordmazedoniens mit seinen bulgarisch-stämmigen Staatsbürgern nicht gänzlich in Frage stehen. Unsere Gesprächspartner zeigten sich sehr zuversichtlich, dass sich die Beziehungen zu Bulgarien durch diesen Austausch insgesamt verbessert hätten. Sie verwiesen in diesem Zusammenhang auf den inzwischen regelmäßig stattfindenden Austausch bilateraler Arbeitsgruppen.

Kosovo

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Boris Mijatovic (B90/ Die GRÜNEN), Rene Schlee (Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung), Albin Kurti (Premierminister der Republik Kosovo), Christian Petry (SPD)

In Prishtina trafen wir am Sonntag den Premierminister Alban Kurti, der mit seiner jungen Regierung seit März 2021 im Amt ist. Aktuell Sorge machen auch hier die Preissteigerungen auf dem Energiemarkt. Der Premierminister berichtete, dass es erste Fortschritte, auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energie Fuß zu fassen, bereits gibt. So steht ein Windpark mit 27 Windkraftanlagen und einer Gesamtleistung von 105 Megawatt (auf 1.500m Höhenlage!) kurz vor der Fertigstellung. Premierminister Kurti äußerte im Gespräch das Ziel, diesen Ausbau zu intensivieren. Zugleich werde aber auch überlegt, in dem von Bergbau geprägten Land ein weiteres Kohlekraftwerk ans Netz zu bringen, um die Engpässe im Winter zu überbrücken. Weitere Stromimporte seien kostspielig und Alternativen dringend notwendig, so der Premierminister.

Beziehungen zu Serbien

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Rene Schlee (Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung), Haki Abazi (Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten und Diaspora), Boris Mijatovic (B90/Die Grünen), Christian Petry (SPD), Fitore Pacolli (Vorsitzende des Ausschuss für Umwelt, Ernährung, Landwirtschaft, Planung und Entwicklung).

Die Beziehungen zu Serbien sind weiterhin von Herausforderungen geprägt. Mit großer Aufmerksamkeit werden Lieferungen russischer Migs nach Serbien wahrgenommen (sechs Flugzeuge in 2017, vier weitere aus Belarus in 2019) – zuletzt seien erneut sechs weitere russische MIG 29 hinzugekommen, insgesamt also 16 Flugzeuge in den letzten 5 Jahren. Hinzukommen Transporthubschrauber und anderes militärisches Gerät, dass Russland direkt oder indirekt an Belgrad vermittelt werde. Premierminister Kurti bewertet die Lage für die Region auch unter Berücksichtigung der aggressiven Äußerungen Vladimir Putins in Bezug auf die Selbstständigkeit der Ukraine als ernst und besorgniserregend. Für das Sicherheitsempfinden im Land wie auch eine gute wirtschaftliche Entwicklung sei eine Visa-Liberalisierung mit dem Schengen-Raum sehr wichtig.

Im Austausch mit den Parlamentarier*innen Fitore Pacolli und Haki Abazi, ebenfalls von der Regierungspartei Lëvizja Vetëvendosje, diskutierten wir über die Herausforderungen der parlamentarischen Arbeit und aktuelle Themen in den Ausschüssen. Neben der Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie legt die Regierung ferner den Fokus auf die Bekämpfung von Kriminalität und Korruption. Mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sollen Investoren angezogen werden, die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, damit die anhaltende Abwanderung gestoppt wird. Zudem seien Ausbildungswege in der Entwicklung, die sich stark an der deutschen dualen Ausbildung orientieren. Auch die Ernährungsqualität und die Stärkung der heimischen Produktion sind Themen, die von der Regierung derzeit intensiv bearbeitet werden.

Westbalkan gehört zu Europa

Meine Gespräche und Begegnungen in diesen zwei Tagen haben  mich in der Auffassung bestärkt, dass der in unserem Koalitionsvertrag vereinbarte Weg, Nordmazedonien und Albanien eine konkrete Beitrittsperspektive in die EU aufzuzeigen sowie den Kosovo näher an die EU heranzuführen, sehr wichtig für die Region sind. Das tatkräftige Unterstützen dieser Erweiterungsperspektive ist wichtig. Der Westbalkan gehört zu Europa, die Menschen, und insbesondere die jungen Familien, brauchen eine Perspektive vor Ort, für ein sicheres und friedliches Leben.

Davon wird am Ende nicht nur die Region profitieren, sondern Europa insgesamt.

Boris Mijatovic